Geschichten aus Arnstein #3: Die sicher geglaubte Partie
Mittwoch, 7. Mai 2025Der Aufstiegskampf in der M2 war dieses Mal ganz besonders eng.
Das ganze Turnier über waren auch Jonathan Simon vom SK Mömbris und David-Andrei Valean vom SK Bad Neustadt am Kampf um die ersten vier Plätze beteiligt.
- Jonathan Simon
- David-Andrei Valean
ACHTUNG! Spoiler: In der M2 erreichte Jonathan Simon den Ranglistenplatz 2, hier bei der Pokalübergabe. Rechts: David-Andrei Valean am Brett.
Die Partie zwischen den beiden in der dritten Runde war dementsprechend ein großer Kampf. Der erste kritische Moment kam bereits in der Eröffnung nach dem 7. schwarzen Zug:
8.Db3 wäre der richtige Zug gewesen, um den Nachteil von 7…Lf5 auszunutzen, nämlich die Schwächung des Bauern b7. Stattdessen spielte Jonathan 8.Ld3, wonach die Stellung sofort ausgeglichen ist (natürlich hat Weiß auch noch überhaupt keine Probleme). Für die nächsten Züge wurde das Gleichgewicht auch nicht nennenswert gestört (obwohl die weiße Ungenauigkeit 17.fxe5 statt 17.dxe5 ihn leicht schlechter stehen ließ), bis die Spieler diese Stellung nach 22…Dg6 erreichten.
Um weiterhin nur minimal schlechter zu stehen muss Weiß den Bauern e4 mit 23.Te1 decken. Jonathan wollte sich aber nicht mit so einer passiven Stellung abfinden, und beschloss daher, den e4-Bauern für Aktivität zu opfern. Er spielte 23.Dd1 und nach 23…dxe4 24.Db3+ Kh8 25.Df7.
Weiß erhält zwar gewisse Aktivität für den geopferten Bauern, sein Problem ist aber, dass neben der geringen Menge dieser Aktivität Schwarz auch noch einen gefährlichen Freibauern auf e4 bekommen hat und der Bauer d4 hängt, sodass die Abwicklung 25…Dxf7 26.Txf7 Lxd4 zu einer für Schwarz gewonnenen Stellung führt.
Bis zum 37. Zug lief die Partie normal weiter: David zog seinen Bauern vor, und kämpfte gegen weißes Gegenspiel. Doch nach 38. Kh7 unterlief ihm ein schlimmer Fehler.
David spielte 38…Tf5 wonach sich das Blatt wendet und Weiß plötzlich klar besser steht. Der schwarze König ist nämlich durch seine Positionierung auf der Grundreihe und das Annähern aller drei weißen Figuren in Mattgefahr geraten. Jonathan nutzte seine Chance auch sofort mit 39. Kg6, was die gemeine Doppeldrohung Kxf5 und Nh7+ Kg8 Te8+ aufstellt. Dagegen gibt es keine gute Verteidigung mehr, sodass das Beste für Schwarz Txg5 gewesen wäre.
David dachte allerdings, er könnte die weißen Drohungen auch mit 39…Te5 abwehren, weil er das Feld e8 von hinten überdeckt.
Allerdings hat dieser Versuch ein Loch. 40. Sh7+ ist richtig, um den schwarzen König nach g8 und den weißen Springer nach f6 zu bringen. 40…Kg8 ist erzwungen.
Doch jetzt beging Jonathan einen Fehler. Er spielte 41.Td6, was sehr logisch aussieht, aber wegen 41…Lb6 nicht gewinnt. Das Feld d8 ist danach gedeckt, und wenn Weiß 42.Td7 versucht, kann Schwarz mit 42…Te7 die weißen Drohungen abwehren und steht auf Gewinn.
Durch diese Variante wird auch ersichtlich, warum Td6 ein Fehler war. Man muss den König zuerst nach g8 zwingen, damit in der gleichen Variante 42…Te7 nicht möglich ist.
Auf 41.Td6 spielte David aber nicht 41…Lb6, sondern 41…Te8, was nach 42.Txd4 e2 43.Sf6+ Kf8 44.Td7 ihm zwar erlaubt, den e-Bauern umzuwandeln, aber dann wird der schwarze König mattgesetzt. Deswegen gab sich David nach 44.Td7 geschlagen.
Diese taktische Partie ist gleich in mehrerer Hinsicht instruktiv. Einerseits zeigt sie, wie wichtig es ist, möglichst nicht in Zeitnot zu geraten (man muss nur sehen, wie viele Züge zwischen 30 und 40 hier erwähnt wurden), aber auch, dass es häufig möglich ist, auch in vollständig verlorenen Stellungen Widerstand zu leisten und man dann auch Chancen bekommen kann, wenn der Gegner nicht perfekt spielt.
(Arthur Friesen)
In memoriam Klaus Link (1966-2024)