38 Schach-Rock Fans aus vier Bundesländern, vereint in zwei Hobbies
Bad Königshofen. 21 Uhr. Gleich schlägt die gusseiserne Kirchturmuhr zum neunten Mal.
Kurz zuvor ging ein Regenschauer über das Grabfeld nieder. 38 Schlachtenbummler aus vier Bundesländern haben sich zu diesem exklusiven Mix Event eingefunden. Teilweise sind sie dafür extra bis zu sieben Stunden mit dem Zug angereist. Die Rockanhänger treffen sich im Kursaal der Stadt. Schwülwarme Luft und offene Terrassentüren. Die erste Runde ist ausgelost und die schachspielenden Musikfans grooven an ihre Bretter. Turnierleiter Jürgen Müller erteilt den Startschuss. Die Uhren werden gedrückt.
DJ Max Schmitt dominiert die Bühne. Das Spotlight der Lichtorgel gibt ihm etwas Teuflisches 😈 (mehr …)
Der UEM Zug hat den Wertheimer Bahnhof verlassen. Wo ist der nächste Halt? Möglicherweise Erlenbach bei Marktheidenfeld? Dort gibt es bereits den kommenden potentiellen Bewerber. Allerdings muss die Hallenverfügbarkeit noch geklärt werden. Nach der UEM ist vor der UEM. Die Proust’sche Suche nach der verlorenen Unterfränkischen seitens Jonathan Simon in dessen Berichten hat ihr einstweiliges Ende gefunden.
Die 75jährige Tradition des mittlerweile 101jährigen USV mit den Austragungen der Unterfränkischen Einzelmeisterschaften seit 1947 ist zurück, nicht mehr ganz so selbstverständlich in Zeiten Coronas, Zeiten eines digitalen Schachbooms, aber gleichzeitig parallelen Niedergangs des Clubabends und Vereinswesens.
Die Unterfränkischen Meisterschaften sind mehr als nur das Bewegen von Schachfiguren oder ein Wettkampf um Sieg und Aufstieg. Sie sind ein vertrautes Ritual in komplexen Zeiten und besitzen eine große soziale Komponente, die man in Zeiten von Lockdown und Abstand vermisste.
Meine Unterfränkische „Tradition“ reicht zurück bis ins Jahr 1986, in die Lauertalhalle von Maßbach, als es noch bis zu 2 Hängepartien (Was ist eine Hängepartie? Fragen sich die Jüngeren unter uns…) , teilweise um 22 Uhr angesetzt, pro Tag gab, um abgebrochene Partien fortzusetzen. Runden wurden nicht per Computer, sondern per Hand und „Geschick“ gepaart. Manchmal, und insbesondere vor den letzten Runden geschah dies in Geheimbundsitzungen schelmisch, manipulativer Zirkel.
In den Hängepartien trainierte man en passant Endspielbehandlung und studienhafte Wendungen. Es war eine Zeit, in der man sich zum großen Schlachtschüsselessen, auf meterlangen Holzplanken serviert, in der Halle verabredete. Die Zuteilung zu Übernachtungszimmern geschah nicht per booking.com, sondern wurde über Gastfamilien des ausrichtenden Vereins organisiert. Ich kann mich noch an zwangsarrangierte😉 Übernachtungen mit „zugeteilten“ Schachkollegen aus Prichsenstadt und Heidingsfeld in Doppelzimmern erinnern. All diese Merkmale stärkten die Gemeinschaft.
Und auch die jüngsten, 71.ten Unterfränkischen Meisterschaften bleiben in bester Erinnerung: Blendend gutes Wetter, liebliche Altstadtgassen und Fachwerk, eine geräumige Spielhalle, gut gelaunte Schachkollegen, die ihrem Hobby eine Woche frönen konnten, eine tolle Organisation mit elektronischen Schachbrettern, blaugelbe Farbtupfer, Kuchen bis zum Abwinken, und und und…
In der siebten Runde führte das Los Robert & mich zusammen, was es bei Unterfränkischen Meisterschaften schon drei Male tat. Da wir prinzipiell keine Vater -Sohn Duelle austragen, hatten wir das Alternativprogramm schon im gut gefüllten Rucksack eingepackt:
Wanderung auf alten Römersteigen zu einem Panoramaaussichtspunkt hoch über Wertheim.
Wir ließen es uns in der Natur gutgehen und betrieben ausgiebig „Shinrin Joku“.
Auch dieses Begleitprogramm gehört zu den vielen Facetten einer Unterfränkischen!(mehr …)
Anstehende Veranstaltungen
Es sind keine anstehenden Veranstaltungen vorhanden.